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Der Frühling schickt frohe Vorboten: Die Krise könnte eine lange Pause machen und tatsächlich gewinnt auch der Dax wieder ordentlich an Schwung.
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D er Frühling ist da. Alles wächst, blüht und gedeiht. Die Vögel zwitschern, die Grillen zirpen, die Hummeln brummen, und die Bienen summen. Die Erinnerung an den nassen und nicht wirklich kalten Winter verblasst in demselben Maße, wie die Gesichter Farbe bekommen. Die meisten streifen halbwegs gut gelaunt bis frisch verliebt durch die Bummelmeilen, die Straßencafés machen Umsätze wie lange nicht mehr, und selbst das Virus scheint das ganze Treiben nicht mehr stören zu wollen.
Man muss wahrscheinlich auch kein allzu großer Held sein, um schon für die nächsten Wochen erstmals richtig sommerliche Temperaturen zu erwarten. Wir leben schließlich im Klimawandel. Momentan, das mag nicht bei jedem gut ankommen, freue ich mich sogar sehr darüber, dass der April schon im März stattgefunden hat und die Wetten gut stehen, dass das Weihnachtswetter nicht wie im vergangenen Jahr auch das Juniwetter sein wird.
Man kann sogar bestimmt den Eindruck gewinnen, dass auch der Dax Frühlingsgefühle hegt. Immerhin konnte er seit dem Jahrestief bei 12.439 Punkten in der Spitze rund 2500 Punkte beziehungsweise fast genau 20 Prozent zulegen. Im gegebenen technischen Umfeld war das eine reife, fast schon sensationelle Leistung. Trotz aller Belastungsfaktoren notiert er gerade einmal rund 10 Prozent unter seinem aktuellen Allzeithoch. Aber das ist nur die erste Hälfte der frohen Botschaft. Subkutan hat sich vielleicht sogar noch Wichtigeres getan. Für die Begründung braucht es jedoch einen kleinen Anlauf.
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Grundsätzlich unterscheidet die Technische Analyse bei Anstiegsbewegungen nach einem Kursrutsch zwei unterschiedliche Muster: Eines ordnet einem Anstieg lediglich Erholungscharakter innerhalb eines weiterhin intakten Abwärtstrends zu, das andere eröffnet die Chance auf eine nachhaltige untere Trendwende. Der Kernunterschied liegt darin, dass die Erholung strukturell weniger zu bieten hat als der Neubeginn. In der Sprache der Elliott Waves: Die Erholung lässt es bei einem dreiteiligen Muster, ABC – hoch, runter, hoch –, bewenden. Die potentielle Rückkehr in einen stabilen Aufwärtstrend legt noch ein weiteres Runter-und-hoch drauf: Sie wird fünfteilig, 1 bis 5. Genau dies ist dem Dax seit seinem Tief am 7. März 2022 gelungen.
Und das ist nun wirklich richtig faszinierend: Mitten in der größten Krise seit 1945 bastelt der Dax nach einem an ihr gemessen eher überschaubaren Einbruch vielleicht bereits wieder an einem Neubeginn, einer langfristigen tragfähigen Bodenbildung. Der abgebildete Chart des Dax lässt diese Interpretation zu, ohne dass man sich als Analyst in größerem Umfang verbiegen müsste. Im Mittel hätten wir dann zwar noch ein paar nicht gar so schöne Monate vor uns – aber eben auch nicht mehr. Der Prognosepfeil im Chart soll diese mögliche Entwicklung in Grundzügen skizzieren. Besser noch – auch wenn man damit momentan lieber nicht rechnen sollte: Kurse über der extrem massiven Widerstandszone zwischen rund 14.800 und 15.000 Punkten könnten einem Befreiungsschlag gleichkommen.
Wie fast so oft findet sich aber auch dieses Mal leider ein Haar in der Suppe beziehungsweise ein Problem, das man gerade in der aktuellen Situation besser nicht ignorieren sollte: Das vom Dax in den Chart gezauberte Muster der vergangenen sechs Wochen hat grundsätzlich wirklich sehr viel Charme – über den Daumen gepeilt in drei Fünftel aller Fälle. Im verbleibenden Rest ist es allerdings eine Art Ausrutscher, der Besseres verkündet, als er zu halten imstande ist. In diesen Fällen setzt sich der Abwärtstrend trotz dieses fünfteiligen Anstiegsmusters noch länger fort und fordert neue Baissetiefs.
Kurse unter 12.439 Punkten wären aber der GAU. In diesem Fall müsste man sich als Technischer Analyst wohl oder übel mit dem Modell „Finanzkrise 2008–2009“ auseinandersetzen. Damals halbierte sich der Dax. Doch damit will und werde ich mich erst genau dann auseinandersetzen, wenn es wirklich so weit gekommen sein sollte.
Aber selbst für den Fall, dass wirklich noch richtig Übles auf uns warten sollte, hätte das, was der Dax in den vergangenen Wochen geleistet hat, noch etwas Gutes: Es wäre nämlich ein Hinweis darauf, dass die aktuelle Erholung beziehungsweise Stabilisierung noch länger anhalten und sich zum ersten fünfteiligen Anstieg ein weiterer gesellen wird. Unterm Strich: Die Lage könnte besser sein als die Nachrichten. Die für mich noch viel wichtigere, daraus ableitbare Botschaft: Vielleicht findet das Leid in der Ukraine bald wirklich wenigstens ein temporäres Ende.
Zugegeben: Wäre ich vor sechs Wochen gefragt worden, ob ich mir vorstellen kann, Mitte April eine zumindest leicht zuversichtliche Prognose zu veröffentlichen, hätte ich das vermutlich rundheraus verneint. Aber lieber so als andersherum: Wenig erbauliche Überraschungen haben wir in den vergangenen beiden Jahren schon genug erlebt. Im letzten Jahr fiel nach meinen, allerdings stark subjektiven Erinnerungen, sogar der Sommer erst ins Wasser – und dann aus.
Der Autor ist Geschäftsführer der Staud Research GmbH, Bad Homburg.
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