Rhein-Kreis Neuss Jährlich walzt das größte Aluminiumwerk der Welt rund 1,5 Millionen Tonnen für Getränkedosen und Co. Ein Besuch.
Schon die Ausmaße sind beeindruckend. Auf einem Gelände mit 577.000 Quadratmeter Fläche steht Alunorf da, ein industrieller Riese im Neusser Süden, direkt an der A57, auf einem Areal, das 60 Fußballfelder fassen würde. Es ist ein Gigantismus, den man sonst eher in den USA oder in China vermuten würde, aber nicht unbedingt vor der eigenen Haustür im Rhein-Kreis. Alunorf ist, wenn es um die reale Produktion geht, ein Superlativ: das größte Aluminiumwalz- und Schmelzwerk der Welt. Ein Weltmeister auf seinem Gebiet, der mit rund 2200 Mitarbeitern zu den größten Arbeitgebern in Neuss zählt. Aber eben auch ein Unternehmen, bei dem viele Bürger nur eine grobe Vorstellung davon haben, wie es hinter den Werkstoren aussieht, geschweige denn, wie die Produktion vonstatten geht.
Oliver Hommel, kaufmännischer Geschäftsführer bei Alunorf, kennt diesen Gegensatz – und dass vielen oft gar nicht bewusst ist, wie präsent das Aluminium aus Norf im Alltag ist. „Fast jeder, der die A57 schon mal entlanggefahren ist, kennt die Alunorf“, sagt Hommel. Aber die vielen Berührungspunkte im Alltag seien oft unbekannt. Denn das Unternehmen ist eine Art heimlicher Weltmeister. „Verbraucher nutzen unsere Produkte weltweit, ohne unseren Namen zu kennen.“ Eine Marke ,Alunorf’ gibt es nicht, und daher findet sich auch in keinem Haushalt etwas, auf dem ,Alunorf’ steht. Dabei sind die Produkte durchaus allgegenwärtig.
Gesellschafter Alunorf ist ein Joint Venture der beiden Aluminium-Riesen Novelis und Hydro. Sie halten je 50 Prozent an der Aluminium Norf GmbH.
Geschäftsführung An der Spitze von Alunorf steht ein Duo: der kaufmännische Geschäftsführer Oliver Hommel und der technische Geschäftsführer Michael Wälchli.
Jährlich walzt das größte Alu-Werk der Welt in Norf rund 1,5 Millionen Tonnen für Getränkedosen, Autokarosserien und vieles mehr. Es ist am Standort kontinuierlich gewachsen. Seit der Gründung 1965 wurden 1,1 Milliarden Euro in den Standort investiert, vor 25 Jahren kam mit „Norf 2“ die größte Erweiterungsstufe hinzu. Dadurch wurde das Produktionsvolumen nahezu verdoppelt.
Aus dem Werk an der Koblenzer Straße werden pro Jahr per Schiff, Lkw oder Bahn rund 150.000 große Alu-Bänder, sogenannte Coils, versandt. Dabei handelt es sich um warm- und kaltgewalzte Bänder unterschiedlicher Aluminiumlegierungen, sie sind die Vorstufe für Dosen, Folien sowie Produkte für die Automobil- und Druckindustrie. Im Alltag der Menschen taucht das Aluminium aus Norf nach der Weiterverarbeitung dann zum Beispiel als Cola-Dose, Tetra Pack oder Iglu-Verpackung auf. Und das mit ziemlich großer Sicherheit in fast jedem Haushalt. Ein Beispiel: Das gewalzte Aluminium für mehr als jede zweite Dose in Europa stammt aus Norf.
Ein Rundgang durch das Werk geht nur nach Sicherheitseinweisung und in Sicherheitskleidung. Das gilt für Arbeiter, Besucher und Chefs gleichermaßen. Auch Oliver Hommel trägt festes Schuhwerk, Schutzbrille, Helm, Ohrenschutz und Sicherheitskleidung. Los geht’s im Schmelzwerk. Man darf sich das Ganze wie eine riesige Bäckerei vorstellen. 13 Schmelz- und Gießöfen, zwei Recyling-Öfen, zehn Trockenöfen, vier Induktionsöfen und eine Spänepresse befinden sich dort. Mehr als 62.000 Barren werden pro Jahr bei Alunorf gegossen, die Gießtemperatur beträgt rund 730 Grad Celsius. Die Barren sind zwischen 4,30 Meter und 8,70 Meter lang, rund 60 Zentimeter hoch und wiegen zwischen acht und zehn Tonnen.
Wenn man beim Bild der Bäckerei bleibt, sind sie der „Teig“, der dann im Warmbandbereich ausgewalzt wird. Die Barren werden dort in riesigen Walzen – die beiden Warmwalzen sind je rund 400 Meter lang – zu Bändern mit einer Länge von mehr als 2000 Meter gewalzt. Das geschieht bei einer Temperatur von 380 bis 500 Grad Celsius. Aus den Barren mit einer Dicke von 600 Millimeter wird so im Warmbandbereich ein Band mit einer Dicke von bis zu drei Millimeter. „Im Kaltbandbereich werden die Bänder noch einmal auf bis zu 0,15 Millimeter gewalzt und zugeschnitten“, sagt Hommel.
47 Prozent des in Norf produzierten Aluminiums wird zu Dosen weiterverarbeitet, 17 Prozent gehen an die Automobilindustrie. Deren Nachfrage ist steigend. „Aluminium ist drei Mal leichter als Stahl“, erklärt Hommel. Durch den Einsatz von Aluminium beim Bau eines Pkw lasse sich bis zu einem Drittel an Gewicht einsparen. „Eine Gewichtsreduktion von 100 Kilogramm spart rund vier Liter Treibstoff auf 1000 Kilometer“, sagt Hommel. „Mit Blick auf Elektromobilität und Batteriereichweite spielt das Gewicht eines Fahrzeugs eine zentrale Rolle. Zudem bietet Aluminium deutliche Korrosionsvorteile.“ Es rostet schließlich nicht.
Bei Alunorf spielt aber auch Recycling eine große Rolle. „Aluminium ist im Grunde unendlich recycelbar. 75 Prozent des jemals produzierten Aluminiums ist immer noch in Gebrauch“, sagt Hommel. Es könne beliebig oft ohne Qualitätsverlust wiederverwertet werden. Alunorf verarbeitet jährlich rund 100.000 Tonnen feste Aluminiumschrotte. Gut zu sehen ist das im Schmelzwerk, wo sie dem Kreislauf wieder zugeführt und zu neuen Barren verschmolzen werden.
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